ZERTIFIZIERUNG & GESETZLICHE KRANKENVERSICHERUNG

1. Abrechnung von Heilmittel-Rezepten

PraxiFix ist ein integriertes Praxisverwaltungsprogramm. Seine wichtigste Aufgaben besteht darin, Heilmittelrezepte abzurechnen. Dazu muss das Programm über ganz bestimmte Eigenschaften verfügen und mehrere Tests bestehen.

Im Juni 2002 haben wir mit der AOK Bayern solche Tests arrangiert. Grundlage aller Tests ist heute immer noch der Paragraph 302 des fünften Sozialversicherungsgesetzbuchs (SGB).

PraxiFix hat damals alle Prüfungen zur elektronischen Abrechnung nach § 302 SGB V erfolgreich bestanden hat. Ein entsprechendes Testat der AOK Bayern gültig für das gesamte Bundesgebiet zeigt die nächste Abbildung. Der Testlauf vom 01.07.2002 hätte zur Annahme der EDIFACT-Abrechnungsdatei geführt. 

Allerdings ergab eine Plausibilitätsprüfung bei der AOK Bayern, dass das Rechnungsdatum früher lag als das Datum der letzten Leistungserbringung. So etwas sollte in der realen Abrechnungspraxis nicht passieren. Zuerst sollten alle Behandlungstermine abgeschlossen sein. Dann wird eine Rechnung erstellt, deren Rechnungsdatum nach dem letzten Termin liegt. 

Solche Testläufe wurden dann zur Motivation, in PraxiFix eine ganze Reihe von Prüfungen einzubauen, um solche Unstimmigkeiten bei den Daten rechtzeitig zu erkennen. Bei jedem erkannten Fehler, bei jeder Inkonsistenz, kann der Abrechner eingreifen und korrigieren. Solche Prüfläufe mit Rückmeldung führten damals dazu, die Fehlerquote bei den Abrechnungen drastisch zu reduzieren. 

Hinweis: Sämtliche Datenprüfung geschehen vor dem Verschieben der Rezepte aus der Rezepterfassung in die Warteschlange abrechnungsfähiger Verordnungen.

2. Testat vom Juli 2002

So schaut das Testat der AOK Bayern aus dem Monat Juli 2002 aus.

Es bestätigt unsere erfolgreichen Testläufe zur EDIFACT-Abrechnung.



[Abb. 2001-01]: Testat der AOK Bayern Datenannahmestelle

Das obige Testat der AOK-Datenannahme-Bayreuth, Karl-Marx-Str. 7a, 95444 Bayreuth, kam per Fax und enthielt folgenden Text: 

"Sehr geehrter Herr Schaaf, hiermit teile ich Ihnen mit, dass die von Ihnen im Rahmen der Abrechnung mit der AOK nach dem §302 an uns übermittelte Testdatei #1729 vom 1.07.2002 den Test erfolgreich durchlaufen hat. Es traten nur leichte Fehler auf, die jedoch nicht zur Abweisung der Datei führen würden. Datum der Leistungserbringung groesser als das Rechnungsdatum."

3. Technische Anlagen der GKV

Was sind die berühmten Technischen Anlagen und wofür braucht man sie. Die Antwort ist klar: die komplette Struktur der EDIFACT-Datei wird durch eine Familie von  Technischen Spezifikationen definiert, die in der Fachsprache des Gesundheitswesens als Technische Anlage (TA) bezeichnet werden. Diese Anlagen sind verbindlich für alle Softwarehersteller, die Abrechnungsprogramme auf den Markt bringen, aber auch für alle Abrechnungszentren, die im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen den Empfang, die Prüfung, die Verarbeitung und die Bezahlung von medizinischen Leistungen in Form von eingereichten Verordnungen übernommen haben.

Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) als Spitzenverband ist für die Weiterentwicklung, Abstimmung und Veröffentlichung der Technischen Anlagen verantwortlich. 

Die Praxen der Heilberufler fallen in die Kategorie der Sonstigen Leistungserbringer. Sie werden auch als Teilprojekt TP5 bezeichnet. 

Alle Anlagen für TP5 befinden sich in diesem Serverbereich:

[Abb. 2001-02]: Kennzeichnung der GKV

Der Pfad zu den Anlagen lautet: https://www.gkv-datenaustausch.de/leistungserbringer/sonstige_leistungserbringer/

Sämtliche Spezifikationen, die in der folgenden Tabelle abgebildet sind, werden für die Abrechnung von Heilmittelrezepten gebraucht. Der Aufwand, diese Spezifikationen in Quellcode zu implementieren und zu testen, ist beträchtlich.

Technische Anlagen


Bedeutung


TA1

Spezifikation der EDIFACT-Struktur

TA1 - Anhang 1

Datenübermittlung

TA1 - Anhang 2

Prüfverfahren

TA1 - Anhang 3

Kostenträgerdatei

TA1 - Anhang 4a

Imageverfahren Schnittstellenverfahren

TA1 - Anhang 4b

Imageverfahren XML-Schema

TA3

Spezifikation des Schlüsselverzeichnisses

TA4

Begleitzettel für Urbelege

TA5

Inhalt der Urbelege

Wie sieht der konkrete Ablauf einer Abrechnung aus?

  • PraxiFix erzeugt eine Ausgabedatei im EDIFACT-Format. Sie erfüllt die Syntax-Anforderungen der TA1. 
  • Verschlüsselung und Datenübermittlung der EDIFACT-Datei gemäß den Vorgaben von TA1 - Anhang 1 und 2 werden mit Dakota.le realisiert.
  • Die Aktualisierung der Kostenträgerdaten innerhalb von PraxiFix geschieht nach den Regeln von TA1 - Anhang 3.
  • Sämtliche Kennzeichen, die in der EDIFACT-Datei der TA1 enthalten sind, entsprechen dem Schlüsselverzeichnis der TA3. 
  • Mit jeder Abrechnung müssen bedruckte Begleitzettel zusammen mit den Rezepten an die Abrechnungsstellen der Krankenkasse mitgeliefert werden. Sie erfüllen die Anforderungen der TA4. 
  • Der Inhalt der Urbelege (Synonym für ein Rezepte bzw. eine Verordnung) entspricht den Vorgaben der TA5. 
  • Seit Oktober 2024 gilt die TA1 in der Version V20. 

Etwa ein Mal pro Jahr werden die TA1 und die TA3 geändert. Eine Einarbeitung von Änderungen in unser Abrechnungsprogramm erfordert Programmier- und Testaufwand. Ohne Wartungsvertrag und einen funktionierenden Update-Service kann das Programm nicht mehr korrekt abrechnen. Bitte lesen Sie in der Preisliste nach, was der Update-Service kostet. In den AGB erklären wir Ihnen die Modalitäten der Belieferung mit Updates.

4. Wiederholungstests im Jahr 2004

Im Februar 2004 wurde eine Wiederholung zahlreicher Tests notwendig, weil eine neue Version V5 der Technische Anlage TA1 verabschiedet wurde. Auch diese Tests hat unsere Abrechnungssoftware erfolgreich bestanden.

Im Februar 2008 wurde die technische Spezifikation für die EDIFACT-Abrechnung mit den Krankenkassen erneut fundamental geändert, und zwar von der Version V5 auf die Version V6. In der Folge waren umfangreiche Anpassungsarbeiten notwendig, um das neue Datenmodell für die unterschiedlichen Berufsgruppen zu implementieren und in korrekte EDIFACT-Strukturen zu transformieren. PraxiFix hat damals alle Wiederholungstest bestanden.

5. Neue Heilmittelrezepte seit 2021

Im Jahr 2021 wurden neue Rezeptformulare für Heilberufe eingeführt. Das hatte erhebliche Konsequenzen sowohl für den Prozess der Rezepterfassung als auch für die Rezeptabrechnung. Rezepte mussten bis zu diesem Zeitpunkt mit sämtlichen Heilmittelpositionsnummern der erbrachten Behandlungsleistungen taxiert werden. Taxieren bedeutet, dass man die fünfstellige Heilmittelpositionsnummer und den Preis der einzelnen Behandlungsleistung auf das Rezept aufzudrucken hatte. Auch Hausbesuche und die Vergütung von Kilometergeld mussten auf das Rezept gedruckt werden. Schließlich mussten der Gesamtwert des Rezepts und die vom Patienten geleistete Zuzahlung berechnet und in entsprechende Felder eingedruckt werden.

In den neuen Verordnungen ab 2021 waren die meisten dieser Taxierungsfelder entfallen. Dafür wurde ein neuer Heilmittelkatalog verabschiedet, der die Verwendung von Diagnosegruppen und Leitsymptomatiken erzwang. Außerdem wurde ein weiteres Eingabefeld für einen zweiten ICD10-Code festgelegt. Das hatte Auswirkungen auf die Rezepterfassung. Der Therapeut musste mehrere Rezeptkennzeichen in der richtigen Reihenfolge auswählen, um die Eingabe korrekt durchzuführen. In PraxiFix wurden neue Prüfungen implementiert, um Inkonsistenzen bei den Rezeptkennzeichen frühzeitig zu erkennen. In der EDIFACT-Datei wurden neue Elemente in die einzelnen Segmente codiert.

Alle diese Veränderungen hat PraxiFix bewältigt. Das Programm rechnet bis heute zuverlässig alle Heilmittelrezepte ab. 

6. Korrekturverfahren für fehlerhafte Verordnungen seit 2021

Mit der Technischen Anlage TA1 Version V15 wurde das Korrekturverfahren für fehlerhafte Verordnungen zwingend eingeführt. Das Verfahren implementiert eine Methode, die es sonst in keiner einzigen Branche der Wirtschaft gibt. Wenn ein Therapeut mehrere Rezepte in einer Rechnung zusammenfasst und als Stapel mit einer Krankenkasse abrechnet, kürzt die Abrechnungsstelle den Forderungsbetrag, wenn sich in einem oder mehreren Rezepten ein Fehler eingeschlichen hat. Statt die gesamte Rechnung zurückzuweisen und die fehlerhaften Rezepte gemeinsam einer Korrektur zu unterziehen, werden Teilbeträge ausgezahlt und Kürzungen vorgenommen. Die Krankenkassen verlangen, dass jedes fehlerhafte Rezept korrigiert wird und dass für jedes korrigierte Rezept eine neue Rechnung geschrieben wird. Die neue Rechnung muss mit der alten Rechnung verknüpft werden. Das fehlerhafte Rezept muss innerhalb des alten Stapels identifiziert und mit dem korrigierten Rezept verknüpft werden. Diese Methode erzeugt einen schikanösen Aufwand.

Mit dem Update Nummer 99 von PraxiFix  am 04.10.2021 wurde dieses unausgegorene Korrekturverfahren in unser Abrechnungsprogramm eingebaut. Der Schulungsaufwand war groß. Wiederholte Nachfragen der Anwender erforderten das Abfassen umfangreicher Hilfetexte und Anleitungen. Es ist leider nicht damit zu rechnen, dass das medizinische Korrekturverfahren so abgeändert wird, dass es kaufmännischen Standards in Handwerk und Industrie entspricht.

7. Blankoverordnungen BVO

Zum 1. November 2024 haben die Krankenkassen einen neuen Typ von Rezepten freigegeben. Der Arzt verzichtet auf eine eigene Diagnose und verordnet auch keine Therapie mehr. Der Arzt druckt in das Rezeptformular den Hinweis ein, dass es sich um eine Blankoverordnung handelt und schickt den Patienten zum Krankengymnasten. 

Nun muss der Therapeut eine Diagnose in Eigenverantwortung erstellen und mit dem Patienten einen Therapieplan festlegen. Zunächst werden Blankoverordnungen nur für Schultererkrankungen zugelassen, die Physiotherapeuten behandeln. Sollten sich BVO-Rezepte bewähren, ist damit zu rechnen, dass weitere Körperteile in das Verfahren einbezogen werden. Auch andere Berufsgruppen wie Ergotherapeuten und Logopäden könnten in das BVO-Konzept aufgenommen werden. 

Wichtig für den Abrechnungsprozess sind folgende Rahmenbedingungen:

  • BVO-Rezepte verwenden eine eigene Preisliste mit spezifischen Heilmittelpositionsnummern. 
  • Es dürfen keine BVO-Rezepte und normale Rezepte in einer Stapelverarbeitung vermischt werden.
  • Bei der EDIFACT-Abrechnung verwenden BVO-Rezepte den Bundestarif 502 statt des Standardtarifs 501 im Leistungserbringerkennzeichen (LB-Gruppe). 
  • Bei den Rezeptkennzeichen muss im Feld "Verordnungsart bei Heilmitteln" der Wert 05 für Blankoverordnung ausgewählt werden.

Fachbericht: Zertifizierung & GKV


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